Änderungen in der russischen Steuergesetzgebung im Jahre 2017

(Russisch, Englisch)
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Die wohl gravierendste Neuerung, die im Jahre 2017 auf die in Russland tätige ausländische Unternehmen zukommen könnte ist die geplante gesetzliche Einführung von Regeln, die der internationalen Steueroptimierung entgegenwirken sollen.

Internationaler Infoaustausch – Folgen für die Steuerhaftung –Aktuelle Strafmaße

Im Oktober 2015 hat das gemeinsame Projekt der OECD und G20 gegen Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung – bekannt als BEPS-Projekt – bestimmte Empfehlungen (Aktionspunkte) zur Bekämpfung der internationalen Steueroptimierung vorgelegt. Unter anderem zielen diese darauf ab, die Transparenz der Besteuerung international tätiger Unternehmen zu stärken und die Informationsdefizite zwischen den Steuerverwaltungen verschiedener Länder abzubauen, in welchen diese Unternehmen tätig sind.

Mit dem Gesetzentwurf „Über die Änderung des ersten Teils des Steuergesetzbuches der RF im Zusammenhang mit der Einführung des internationalen automatischen Austausches der Finanzinformationen und Dokumente zu internationalen Unternehmensgruppen“ werden nun auch in Russland Schritte unternommen, um die vorgenannte BEPS-Aktionspunkte in nationales Recht umzusetzen.

Neben der bereits weit bekannten umfassenden Überarbeitung der Regeln zum Transfer-Preisregelungen (Country-by-Country Reporting, Local and Global Data etc.) beinhaltet der Gesetzentwurf mehrere weniger „beworbene“ Novationen, die deswegen aber nicht weniger weittragende Konsequenzen für das Geschäft in Russland haben können.

Zum einen werden erstmals rechtliche Grundlage geschaffen, gemäß welchen die russischen Finanzämter automatisch (also ohne gesonderte Anträge) Steuerzahler-Daten mit Steuerverwaltungen anderer Länder austauschen können und sogar die ausländischen Kollegen zur Teilnahme an in Russland stattfindenden steuerlichen Kontrollmaßnahmen (Betriebsprüfungen etc.) einladen können.

Zum anderen werden Pflichten begründet, gemäß welchen alle „Unternehmen des Finanzmarktes“ also Banken, Versicherer, Börsenmakler etc. dazu verpflichtet werden, Daten zu ihren ausländischen Kunden zu sammeln, zu verarbeiten und an die russischen Finanzbehörden zu übermitteln. Spiegelbildliches wird auch von den ausländischen Finanzinstitutionen hinsichtlich der ausländischen Konten und Anlagen der russischen Steuerinländern (auch Bürger) in Partner-Ländern erwartet. Diese Daten werden dann den jeweiligen Steuerverwaltungen der Partner-Länder automatisch zur Verfügung gestellt.

Somit werden in Russland im Laufe des Jahres 2017 voraussichtlich landesrechtliche Voraussetzungen für die Umsetzung des automatischen Austauschs der steuerlich relevanten Finanzinformationen gemäß den CRS –Standarts geschaffen.

Über die Bildung von vorgenannten formalen rechtlichen Grundlagen hinaus hat die Russische Föderation bereits tatsächliche Schritte in Richtung Umsetzung der vorgenannten Maßnahmen unternommen und im September letzten Jahres die internationale Vereinbarung über den Austausch von Steuerinformationen (Multilateral Competent Authority Agreement, MCAA) unterzeichnet, welche die internationale „technische“ Grundlage für den Austausch von Informationen zwischen Steuerverwaltungen und Finanzbehörden verschiedener Länder bilden soll.
Als Termin des ersten Informationsaustauschs im Rahmen des MCAA ist der September 2018 angepeilt. Dabei ist zu beachten, dass gemäß dem vorgenannten Gesetzentwurf das Wirtschaftsjahr 2017 der Zeitraum sein wird, welchen dieser erste Datenaustausch betreffen soll!

Was dies eigentlich die in Russland tätige ausländische Unternehmen bedeuten könnte?

Alle vorbeschrieben Maßnahmen haben zu Folge, dass einige derzeit gängige Geschäftsmodelle für die Tätigkeit der ausländischen Unternehmen und Unternehmensgruppen in Russland spürbar an Reiz verlieren könnten.

In diesem Zusammenhang wären hier beispielhaft zwei folgende Strategien zu nennen, die die Tätigkeit unter dem Radar der steuerlichen Registrierungspflicht in Russland betreffen.

Zum einen werden die Unternehmensgruppen betroffen sein, die die Tätigkeit ihrer weltweiten Gruppenmitglieder in Russland unter einer einheitlichen in Russland angemeldeten Auftragsträgergesellschaft ohne ausführliche vertragliche Regelung solcher Aktivitäten zugunsten Dritter konsolidieren. Den russischen Finanzämtern könnte es in Zukunft durchaus möglich sein, in dieser Konstellation die Tätigkeit im Interesse eines jeden einzelnen Unternehmens ohne steuerliche Anmeldung in Russland nachweisen zu können.

Die zweite Risikogruppe betrifft die ausländischen Unternehmen, die russische Bürger (Steuerinländer) für die Auftragsbesorgung im eigenen Interesse in Russland anwerben und die entsprechende Vergütung auf deren Konten außerhalb Russlands auszahlen. Bei erlangen der entsprechenden Informationen über Zahlungen auf ausländische Konten werden die russischen Finanzämter in einzelnen Fällen sicher geneigt sein, den entsprechenden ausländischen Unternehmen eine unregistrierte Tätigkeit in Russland nachweisen zu wollen (vor allem dann, wenn bezüglich der genannten Beauftragung von natürlichen Personen ein arbeitsrechtliches Charakter angenommen werden könnte).

Bei voller Bereitschaft der eingangs skizzierten Mechanismen des internationalen Infoaustausches würde somit ein Unternehmen, welches die vorgenannten Geschäftsmodelle für die Tätigkeit in Russland anwendet, verstärkt Gefahr laufen, der Haftung für Verletzung der russischen Steuergesetzgebung zu Unterliegen.

Haftung für Verletzung der russischen Steuergesetzgebung

Die Pflicht einer ausländischen Organisation, sich bei einem zuständigen russischen Finanzamt in der Russischen Föderation anzumelden, ergibt sich aus der Ziff. 1 Art. 83 russ. SteuerGB und aus der Verordnung des russischen Finanzministeriums vom 30.09.2010 Nr. 117n (mit Besonderheiten, festgelegt in dem Schreiben des russischen Finanzministeriums vom 18.02.2011 N ПА-4-6/2688@).

Laut der erwähnten Verordnung des russischen Finanzministeriums Nr. 117n hat eine ausländische Organisation sich bei einem zuständigen Finanzamt anzumelden, wenn sie durch eine „feste Geschäftseinrichtung“ in Russland mehr als 30 Tage im Kalenderjahr (kumuliert gerechnet) geschäftstätig wird, oder plant geschäftstätig zu werden.

Die Anmeldung hat spätestens am 30. Kalendertag nach der Aufnahme der Tätigkeit durch eine feste Geschäftseinrichtung in Russland zu erfolgen. Die verspätete Anmeldung wird mit einer Geldbuße in Höhe von 10.000,- RUR geahndet.

Die gänzliche Vernachlässigung dieser Meldepflicht wird als erhebliches Steuervergehen betrachtet und wird gemäß Art. 116 russ. SteuerGB mit einer gravierenden Geldbuße in Höhe von 10% der in Russland erwirtschafteten Einkünfte bestraft (die Strafe beträgt in jedem Fall prozentunabhängig nicht weniger als 40.000,- RUR).

Als Bemessungszeitraum für die Berechnung dieser Strafe gilt der Zeitraum ab dem Punkt, als die Steuermeldepflicht durch entsprechende Umstände begründet wurde (für ausländische Organisationen vorgehend erwähnte 30 Tage nach Anfang der regelmäßigen Tätigkeit).

Gleichzeitig und unabhängig von der vorgenannten Strafe bildet eine unregistrierte (unangemeldete) Tätigkeit den Tatbestand für die Nachrechnung der Steuer. Die zuständigen russischen Behörden dürfen in diesem Fall folgende Maßnahmen ergreifen:

Bei einer umfassenden Prüfung der Tätigkeiten einer Organisation (ist z.B. auf dem Wege der Kreuzprüfungen über Lieferanten/Subunternehmer bzw. Kunden möglich) lässt sich der Gesamtbetrag der während der unangemeldeten Tätigkeit unterlassenen Steuern und Abgaben ermitteln / einschätzen. In Russland darf das Finanzamt zwecks Feststellung der Umsätze eines Unternehmens, das die Zahlung ihrer Steuern vernachlässigt hat, die Marktpreise für analoge Waren/Leistungen verwenden (Schätzung auf der Basis von Drittvergleich). Auf Grund dieser Preise wird Schätzungswert der Steuerbemessungsgrundlage für die anfallenden Steuern (Mehrwertsteuer, Unternehmensgewinnsteuer) ermittelt, wenn direkte Angaben in den Büchern des Steuerpflichtigen nicht vorhanden sind.

Außer der eigentlichen Steuernachrechnung müsste noch mit Verzugszinsen und zahlreichen Strafen gerechnet werden. Strafen richten sich nach Summe der unbezahlten Steuern und betragen gemäß Art. 122 des Steuergesetzbuches – im Falle der fahrlässigen Nichtentrichtung 20% von dem nicht bezahlten Steuerbetrag (40% davon, wenn Vorsatz bewiesen wird).

Hinzu kommt gemäß dem Art. 119 russ. SteuerGB die Bestrafung für Nichteinreichung der Steuererklärungen, falls solche auf Grund der ausgeübten Wirtschaftstätigkeiten dem Finanzamt vorzulegen waren. Summe der Finanzsanktion wird für jede verspätete Erklärung zu zahlen und beträgt von der Summe der laut jeweiliger Steuererklärung zu zahlenden Steuer 5% für jeden Monat der Verspätung, allenfalls ist diese Haftung von oben mit 30% der Summe der jeweiligen Steuer eingeschränkt.

Bei der Beschäftigung der russischen Steuerinländer (Bürger) in Russland fungiert ein ausländisches Unternehmen als gesetzlicher Steueragent bezüglich der Einkommenssteuer und Sozialbeiträge, die auf Vergütung solcher Personen angerechnet und an das russische Budget abgeführt werden müssen. Bei Nichteinbehaltung und Nichtabführung dieser Beträge an das Budget haftet der Steueragent gemäß Art. 123 russ. SteuerGB mit 20% des nichtabgeführten Steuer- /Sozialbeitragsbetrages. Diese Strafe kommt natürlich zusätzlich zu der Pflicht der Nachzahlung der entsprechenden Steuer / des Sozialbetrages samt dem Verzugszins.

Ergänzend sei an dieser Stelle angemerkt, dass gemäß Art. 120 SteuerGB für eine grobe Verletzung der Regeln der buchhalterischen Erfassung von Kosten und Erträgen ebenfalls Haftung vorgesehen wird. Bei einmaligem Vergehen wäre eine Strafe in Höhe von 10.000,- RUR fällig, bei wiederholtem – 30.000,- RUR. Sollten diese Verletzungen die Verringerung der Steuerbemessungsgrundlage nach sich gezogen haben, so bemisst sich die Haftung (Strafe) auf 20% des nichtentrichteten Steuerbetrages (jedoch nicht weniger als 40.000,-RUR).

Eine solche grobe Verletzung kann sich beispielsweise aus der Nichteinhaltung der Forderungen des Art. 9 des Gesetztes über Buchführung ergeben, die u.a. es verbieten, durch unrichtige Belege nicht stattgefundene Geschäftsvorgänge buchhalterisch zu erfassen (sog. Schein- und Strohmanngeschäfte). Eine solche Konstellation kann durch das Finanzamt zum Beispiel dann angenommen werden, wenn versucht wird, die Ausführung einer von dem ausländischen Unternehmen direkt erbrachten Leistung durch unrichtige Belege der russischen Tochtergesellschaft zuzuschreiben.

Die vorbezeichnete grobe Verletzung der durch das Gesetz über Buchführung vorgeschriebenen Regeln der buchhalterischen Erfassung von Kosten und Erträgen hat auch persönliche Konsequenzen für die verantwortliche Person in Form einer Administrativstrafe gemäß dem Art. 15.11. russ. OrdnungswidrigkeitenGB. Die Höhe der Strafe für ein einmaliges Vergehen ist auf 5000,- bis 10000,- RUR und für ein wiederholtes Begehen auf 10.000,- bis 20.000,- RUR bestimmt. Strafbefreiung erfolgt nur, wenn die groben Fehler in der Steuerberichterstattung (Steuererklärungen) selbstständig und unter Zahlung der entsprechenden steuerlichen Strafen erfolgt.

Die „persönliche“ Haftung betrifft gemäß der Gesetzgebung die „dienstlich verantwortliche Personen“ – der Begriff ist recht dehnbar, je nach betriebsinternen Regelungen können es verschiedene (auch mehrere) Personen sein, vom Buchhalter bis hin zum Generaldirektor (Geschäftsführer) des Unternehmens.

Alle vorbeschriebenen rein steuerlichen Folgen der nichtangemeldeten Tätigkeit werden darüber hinaus durch einen strafrechtlichen Aspekt ergänzt, welches hinsichtlich der Personen (Geschäftsführer, u.U. auch andere zuständige Mitarbeiter) des ausländischen Unternehmens beim Nachweis eines vorsätzlichen Handelns relevant werden kann.

Gemäß dem Art. 199 des russ. Strafgesetzbuches stellt die Vermeidung der Steuerzahlung durch Nichteinreichung der Steuerklärungen und sonstiger Dokumente, die gemäß der Steuergesetzgebung bei Finanzamt eingereicht werden müssen, den Tatbestand der Steuerhinterziehung dar.

Bei Verdacht einer begangenen Steuerhinterziehung hat das russische Finanzamt das Recht, Akte zur weiteren Prüfung an die Steuerfahndung bzw. an die Wirtschaftspolizei zu leiten. Strafrechtliche Folgen für den Leiter einer Organisation (in Einzelfällen werden zur strafrechtlichen Haftung auch andere Personen wie z.B. Hauptbuchhalter gezogen) dürfen gemäß Art. 199 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation auftreten, wenn der Betrag der vorsätzlich hinterzogenen Steuern innerhalb eines dreijährigen Zeitraumes (drei hintereinander folgende Finanzjahre) höher als 15.000.000 RUR ist.

Dieser Grenzwert wird auf nur 5.000.000 RUR heruntergesetzt, falls der hinterzogene Betrag mehr als 25% des Gesamtwertes von Steuern und Abgaben ausmacht, die von der Organisation in dem betroffenen Zeitraum zu zahlen waren.

Bei nachgewiesener Schuld wird die entsprechende Person entweder durch Bußgeld in Höhe von 100 Tausend bis 300 Tausend Rubel bestraft oder durch Entzug des Lohngeldes oder anderen Jahreseinkunft des Schuldigen für den Zeitraum von 1 bis 2 Jahren oder durch Zwangsarbeiten für den Zeitraum von 1 bis 2 Jahren oder durch den Freiheitsentzug für die Frist bis zu zwei Jahren (in beiden letzten Fällen kann Berufsverbot für bis zu 3 Jahren erteilt werden).

Handelt es sich dabei um ein Rechtsvergehen begangen nach vorhergehender Verabredung (ein sog. Gruppendelikt) oder Hinterziehung in einem besonders hohen Ausmaß, so tritt die Strafverschärfung gemäß Pkt. 2 Art. 199 auf.

Besonders hoher Ausmaß bedeutet unter diesen Umständen eine vorsätzliche Hinterziehung der Steuern innerhalb eines dreijährigen Zeitraumes (drei hintereinander folgende Finanzjahre) in einem Gesamtbetrag von über 45.000.000 RUR. Dieser Grenzwert wird auf 15.000.000 RUR heruntergesetzt, falls der hinterzogene Betrag mehr als 50% des Gesamtwertes von Steuern und Abgaben ausmacht, die von der Organisation in dem betroffenen Zeitraum zu zahlen waren.

Bei Erfüllung dieser Spezialmerkmale und bei nachgewiesener Schuld wird die entsprechende Person entweder durch Bußgeld in Höhe von 200 Tausend bis 500 Tausend Rubel oder durch Entzug des Lohngeldes oder anderen Jahreseinkunft des Schuldigen für den Zeitraum von 1 bis 3 Jahren oder durch Zwangsarbeiten für den Zeitraum von 1 bis 2 Jahren oder durch den Freiheitsentzug für die Frist bis zu sechs Jahren (mit oder ohne dreijähriges Berufsverbot) bestraft.

Bei Erstbegehen einer Steuerhinterziehung wäre die strafrechtliche Strafbefreiung bei voller Zahlung durch das Unternehmen aller hinterzogenen Steuerbeträge samt Strafen und Zinsen gemäß Steuervorschriften möglich.


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